NEUSTART DEUTSCHLAND : entlasten, investieren und entfesseln
09.06.2020
Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,
das Präsidium der Bundespartei und der Vorstand der Bundestagsfraktion haben am Mittwoch in einer gemeinsamen Sitzung über das so genannte Konjunkturpaket der Großen Koalition beraten.
Der Wirtschaftseinbruch und die Gefahren für Arbeitsplätze und Wohlstand erfordern entschlossenes Handeln. Der jetzige Zeitpunkt und die Dimension von 130 Milliarden Euro des Paketes der Großen Koalition erscheinen angesichts der Herausforderungen angemessen.
Die Fraktion der Freien Demokraten hat am Dienstag ein Papier „Neustart für Deutschland“ beschlossen, das Wachstum und Beschäftigung durch einen Dreiklang von Entlastung, Investitionen und Entfesselung sichern will. Uns geht es um die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes durch attraktive Investitionsbedingungen. Die Politik der Großen Koalition ist dagegen sozialdemokratisch geprägt und von kurzfristigen Nachfrageimpulsen bestimmt. Vieles von dem, was nun angekündigt wird, wäre schon vor der Corona-Pandemie notwendig gewesen.
Positiv bewerten wir das Bekenntnis zu einer überfälligen Wasserstoffstrategie, die Vorhaben zur Senkung der Stromkosten sowie die Entlastung der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft für Arbeitssuchende.
Wir halten unverändert eine dauerhafte Entlastung der Menschen und der Betriebe für dringlich. Für den Binnenkonsum fehlt die Zuversicht, für private Investitionen und den Neuaufbau von Rücklagen fehlt der finanzielle Freiraum. Deshalb schlagen wir von der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags über die Reduzierung des Mittelstandsbauchs und der Kalten Progression bis hin zu Änderungen bei der Körperschaftsteuer und den Abschreibungsbedingungen eine in der Breite wirksame Steuerreform vor. Auch wir haben eine Senkung der Mehrwertsteuer als Kaufanreiz durchaus erwogen, aufgrund des bürokratischen Aufwands, der unklaren Weitergabe an die Konsumenten und des reinen Vorzieheffekts von Kaufentscheidungen aber zurückgestellt. Die Große Koalition macht es andersherum: Statt einer dauerhaften Stärkung der privaten Haushalte gibt es nur eine befristete Einmalmaßnahme, der wir eine positive Wirkung im Interesse des Landes wünschen, sie aber nicht sicher erwarten können. Die Ankündigungen aus CDU und CSU zu steuerlichen Entlastungen sind erneut folgenlos geblieben. In dieser Wahlperiode ist diesbezüglich mit nichts mehr zu rechnen.
Leider bleibt das Konjunkturpaket der Großen Koalition bei den Vorschlägen zu Investitionen in Digitalisierung und Bildung, insbesondere in den Schulen, hinter den Erwartungen zurück. Die Corona-Krise hat dabei größten Handlungsbedarf enthüllt. Die Modernisierung und Digitalisierung der Schulen sowie der öffentlichen Verwaltung insgesamt müsste ein „Mondfahrtprojekt“ dieses Landes sein und nicht Punkt 28 eines Sammelwerks.
Bei der Mobilität kommt die aus der Union geforderte Kaufprämie für alle Autos inklusive Verbrennungsmotoren nicht. Bei dieser Subvention hatten wir grundsätzliche Bedenken. Nun wird aber die bisher schon fragwürdige Fixierung auf batterieelektrische Antriebe sogar intensiviert. Statt auf Technologieoffenheit zu setzen und Innovationen wie synthetische Kraftstoffe zu ermöglichen, wird sogar eine Steuererhöhung bei der Kraftfahrzeugsteuer angekündigt. So stärkt man eine Schlüsselbranche unseres Landes nicht.
Die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge durch erhöhte Steuerzuschüsse des Bundes ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings versucht die Große Koalition hier, die unabhängig von Corona durch die „Rente mit 63“ sowie die Mütterrente I und II entstandenen Mehrkosten zu kaschieren.
Schließlich fordern wir in unserem Papier „Neustart für Deutschland“, die Menschen und die Wirtschaft durch umfassenden Bürokratieabbau zu entfesseln und beispielsweise die Unternehmensgründung zu vereinfachen. Die Große Koalition bekennt sich zwar zum Abbau von Bürokratie, bleibt aber Maßnahmen schuldig. Insbesondere die Planungsbeschleunigung von privaten und öffentlichen Vorhaben muss konkretisiert werden.
Für einen echten Neustart für Deutschland brauchen wir einen Dreiklang aus Entlasten, Investieren und Entfesseln. Die Kollegen Christian Dürr und Michael Theurer hatten fachlich federführend unser Konjunkturkonzept erarbeitet und uns daher – auch im Sinne der von mir gewünschten personellen Verbreiterung – heute vor den journalistischen Medien in Berlin positioniert. Jetzt ist es aber eine Kommunikationsaufgabe für uns alle. Die Beschlüsse der Großen Koalition werden wir konstruktiv im parlamentarischen Verfahren begleiten. An vielen Stellen haben wir aber attraktive Gegenvorschläge zu unterbreiten.
Mit besten Grüßen
Ihr
Christian Lindner MdB
Bundesvorsitzender
Freie Demokratische Partei Hans-Dietrich-Genscher-Haus Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin
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