Lindners Plädoyer für eine freie Gesellschaft als Voraussetzung für die Freiheit jedes einzelnen

12.09.2021

Zum Wahlkampf-Höhepunkt in der Kreisstadt Hofheim war der Kellereiplatz am Donnerstag, 9. September, unübersehbar gut besucht, und spürbar gefreut hat sich darüber Christian Lindner, Bundesvorsitzender der Freien Demokraten, zu Beginn seiner gut halbstündigen Rede. Und, nicht minder erfreulich, es waren geradezu überwiegend junge Menschen, die sich ein Bild von Lindner, der auch Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Deutschen Bundestag ist, machen wollten.

 

Er wird sie nicht enttäuscht haben: Zwar hat er den FDP-Slogan der Wahlkampagne, „Nie war mehr zu tun“, nicht bemüht, aber seine tour d’horizon durch die Themen hat bestätigt: Nie war mehr zu tun.

Das Land braucht eine Grunderneuerung, weil einerseits der wirtschaftliche Erfolg gar nicht anders konnte, als auch träge zu machen, und weil andererseits der technisch induzierte, schnelle Wandel vor allem eines bestraft: nötige Bewegung, Veränderungen zu verschlafen, nicht auf dem Stand der Dinge zu bleiben.

Für Deutschland, das sich so glücklich über seine Stärke und seine Stellung in der Welt schätzen darf, heißt das im Grunde auch: Wir müssen nicht nur Schritt halten, sondern selber vorangehen und so etwas wie den Takt vorgeben. Wie notwendig das ist, hat Lindner zufolge nicht zuletzt das sogenannte „Triell“ gezeigt, die Runde der drei Kanzlerkandidaten im Fernsehen.

Auffällig, das hob Lindner hervor, war nicht so sehr, was die Kandidatin der Grünen, die Kandidaten von CDU und SPD gesagt haben, sondern was ungesagt blieb. Sozusagen eine Steilvorlage, die Lindner gerne aufgriff. Zum Beispiel die Bedeutung von „Bildung“.

Junge Menschen zu bilden und auszubilden ist nach Lindners Worten die beste und sicherste Voraussetzung für Erfolg im Beruf und damit für ein erfolgreiches, zufriedenstellendes Leben. Und mehr noch: Das Aufstiegsversprechen, von dem doch nicht zuletzt eine demokratische Gesellschaft lebt, dass Eigeninitiative, Tatkraft und Erfolgswille belohnt werden, muss diese Gesellschaft einlösen können, wenn sie sich denn demokratisch, modern und gerecht nennen will.

Stattdessen, konstatiert Lindner, hängt hierzulande mehr als in jedem vergleichbaren europäischen Land bzw. weltweit der Bildungserfolg von der Herkunft ab. Die Postleitzahl eines Herkunfts- und Wohnorts ist der entscheidende Indikator für Bildungserfolg – eine beschämende Diagnose für dieses Land und eine, die aufrütteln muss.

Das ist auch keineswegs allein eine Frage der Ausstattung mit moderner Technik, wie Lindner hervorhob. Tablets findet man durchaus ausreichend an den Schulen, schilderte er seine Beobachtung. Aber der Blick in die Toiletten der Schulen offenbare doch augenfällig, wie sehr wir unsere Infrastruktur vernachlässigt haben.

Und wie soll das angepackt werden? Jedenfalls nicht, indem zunächst einmal – und damit schon die Ideenkiste erschöpfend – die Steuern erhöht werden. Sondern geradezu im Gegenteil, indem Steuern, wo immer möglich, gesenkt werden als ein Mittel, die Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft zu erhöhen und die Tatkraft, den Leistungswillen anzuspornen.

Steuern sind kein Selbstzweck und auch nicht das Allheilmittel, ungleich verteilten Reichtum zu verteilen. Sondern umgekehrt, zwar unverzichtbar für die Handlungsfähigkeit eines die Entwicklungsmöglichkeiten der Gesellschaft stimulierenden Staats, aber eben so, dass nicht gehemmt wird und geschwächt, sondern indem Leistungsentfaltung ihre Chance, ihre Lebensluft erhält.

Und an der Steuerschraube ist hierzulande schon so sehr gedreht worden, dass leistungswillige Empfänger staatlicher Unterstützung, die sich aus ihrer Abhängigkeit von Zuwendungen befreien wollen, mit voller Steuerwucht bestraft werden, sobald sie sich eigene Euro erwirtschaftet haben, wie Lindner am Beispiel eineralleinerziehenden Mutter erläuterte, die sich durch selbständige Arbeit aus der Abhängigkeit von Sozialhilfe befreien will, sofort aber einem unverhältnismäßig hohen Steuersatz unterworfen wird.

Dass die Sicherheit von Renten nicht mehr zu gewährleisten ist, wenn zu wenig junge Menschen nachwachsen und ins Erwerbsleben eintreten, sieht Lindner als Aufforderung zu neuen Lösungen bei der Finanzierung der Rente. Als Beispiel für eine sinnvolle Reform nannte Lindner das schwedische Modell, ein Teil der Rentenfinanzierung durch Aktienfonds sicherzustellen.

Überhaupt Innovation: Nicht Verbote, Steuerbelastung und Einschränkungen werden unsere Zukunftsfähigkeit sichern, sondern Innovation. Sich auf den Einfallsreichtum zum Beispiel der Ingenieure dieses Landes zu verlassen und ihnen den nötigen Handlungsspielraum zu lassen.

Das ist Lindner zufolge auch der richtige, zielführende Ansatz, die Klimaproblematik in den Griff zu bekommen. Es wäre nichts gewonnen, aber viel verloren, das Autofahren einzuschränken. Sondern es gehe darum, Mobilität zu ermöglichen, um Freiheit und Selbstverwirklichung eine Basis zu bieten, die zugleich das technische Optimum an umweltschonender Mobilität auf die Straße bringt.

Denn diese Gesellschaft darf sich zurecht zugutehalten, eine freie zu sein und bleiben zu wollen. Und dafür ist sie am besten beraten, den Liberalen ihre Wählerstimmen zu geben, den Freien Demokraten, die die einzige Partei sind, deren Vorstellung von sinnvoll geordneter Gesellschaft vom freien Individuum ausgeht und als Ziel die Freiheit und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten jedes Einzelnen anstrebt – was, oh Wunder, in die Aufforderung Lindners mündete, der FDP bei der Bundestagswahl beide Stimmen zu geben.

Ein sichtlich zufriedener FDP-Bundesvorsitzender ließ dann noch zu guter Letzt eine halbstündige Selfi-Session über sich ergehen, an der auch, wie zu sehen, unsere Ortsvorsitzende Bärbel Oetken teilnahm.